Nachtabsenkung, Nachtabschaltung bei einer Wärmepumpe

Aus Wärmepumpen Wiki
Zur Navigation springenZur Suche springen

Ob eine Nachtabsenkung bzw. -Abschaltung bei einer Wärmepumpenheizung etwas bringt ist je nach Haus unterschiedlich. Dies hängt von zwei Faktoren ab, die sich gegenseitig aufheben können. Ziel ist es, den Verbrauch der Wärmepumpe zu minimieren. Eine Absenkung der Raumtemperatur führt zu geringerem Wärmebedarf. Die Wärmepumpe muss also weniger Wärme bereitstellen. Durch die kürzere Heizdauer muss jedoch die Heizleistung des Heizkreises grösser und dadurch die Vorlauftemperatur höher sein. Dies führt zu einer schlechteren Arbeitszahl der Wärmepumpe und damit zu einem Mehrverbrauch. Je nach Beschaffenheit des Hauses und des Heizsystems kann der eine oder andere Effekt überwiegen. Schauen wir uns die beiden Faktoren im Detail an. Die nachfolgenden Berechnungen sind jedoch vereinfacht.

Wärmebedarf des Hauses

Der Wärmebedarf des Hauses hängt prinzipiell von der Temperaturdifferenz zwischen innen und aussen und vom Isolationsstandard ab. Innere und solare Gewinne vernachlässigen wir bei dieser Betrachtung, da diese unabhängig von einer Absenkung sind. Da nur relative Veränderungen betrachtet werden kürz sich auch der Isolationsstandard und das Lüftungsverhalten heraus (konstante Faktoren). Die relative Änderung des Wärmebedarfs ist nur abhängig von der Änderung des Temperaturunterschieds. Als Faustregel gilt 1 K höhere Raumtemperatur führt im Mittel zu 6% mehr Wärmeverlusten [ MERKBLATTBFE02 ]. Entscheidend für die Einsparung ist nun wie stark die Temperatur während einer Absenkphase absinkt. Massgebend ist hier die tatsächliche Raumtemperatur gemittelt über die Absenkphase und nicht etwa die Soll-Temperatur die man am Regler einstellt. Die relative Einsparung am Wärmebedarf kann überschlägig berechnet werden nach

dQr = x * dTRm * 0.06

mit x dem Anteil der Absenkphase, also z.B. bei 8 h Absenkdauer x = 0.33.

Arbeitszahl

Die Arbeitszahl hängt massgeblich von der Vorlauftemperatur ab. Unterschiedliche Temperaturen quellenseitig betrachten wir hier nicht. Bei einer Sole Anlage können auch keine entscheidenden Änderungen der mittleren Soletemperatur beobachtet werden. Bei einer Luft Wärmepumpe kann das jedoch anders sein, da die Temperaturen tagsüber mehrere Grad höher liegen können als nachts. Die Betrachtung der Lufttemperaturen würde den Rahmen dieser kurzen Betrachtung jedoch sprengen.

Das Verhalten der Arbeitszahl schauen wir uns für den Fall der Nachtabschaltung rechnerisch an. Die mittlere Heizleistung Pkonst über einen ganzen Tag bei konstantem Betrieb muss gleich sein wie das Mittel bei Absenkbetrieb Pabsenk und anschliessendem Heizbetrieb Pheiz sofern der Wärmebedarf des Gebäudes gleich bleibt. Es gilt

Pkonst = Pheiz(1-x) + Pabsenk * x

bei Abschaltung wird Pabsenk = 0, es kann vereinfacht werden zu

Pkonst = Pheiz(1-x) --> Pheiz = Pkonst/(1-x)

Berücksichtigen wir den um den Faktor dQr niedrigen Wärmebedarf folgt

Pheiz = dQr Pkonst/(1-x)

Die Heizleistung muss also um den Faktor dQr/(1-x) erhöht werden. Diese Heizleistung definiert die nötige Temperaturdifferenz dTheiz zwischen dem Heizsystem und dem Raum und damit die Vorlauftemperatur. Die Heizleistung steigt mit der Temperaturdifferenz ungefähr in der Potenz p=1.1-1.3 (je nach Heizsystem), d.h. eine Verdoppelung der Temperaturdifferenz führt zu 2p höherer Heizleistung. Für die Temperaturdifferenz gilt folglich

dTheiz = dTkonst (dQr/(1-x)) p

wobei dTkonst die Temperaturdifferenz bei konstantem Heizbetrieb bezeichnet. Die Arbeitszahl der Wärmepumpe verschlechtert sich pro K höherer Heiztemperatur um 1.8 % [ FAWA04 ]. Für die relative Änderung dAZ der Arbeitszahl zwischen konstantem Heizen und Abschalten gilt

dAZ = (dTkonst - dTheiz) * 0.018

mit dTheiz - dTkonst = (1-(dQr/(1-x))p )dTkonst

folgt

dAZ = (1-(dQr/(1-x))p )dTkonst * 0.018

Es folgt daraus, dass die nötige absolute Erhöhung der Vorlauftemperatur dTheiz - dTkonst umso grösser ist je höher die Vorlauftemperatur des Systems liegt. Das heisst, in Häusern die hohe Vorlauftemperaturen brauchen verschlechtert sich die Arbeitszahl stärker als bei niedrigen Vorlauftemperaturen wenn die Heizzeit durch Ausschalten reduziert wird.

Fazit

Gesamthaft kann man sagen:

Wenn (1-dQR) / (1+dAZ) < 1, d.h. der geringere Wärmebedarf die Erhöhung der Arbeitszahl überwiegt, dann führt eine Nachtabsenkung bzw. Abschaltung zu weniger Verbrauch, sonst nicht.

Dies ist jedoch nur eine sehr grobe überschlägige Berechnung, genaue Resultate kann schlussendlich nur das Ausprobieren bringen. Eine entsprechende Messreihe wurde an einer Sole/Wasser Wärmepumpe im Altbau vorgenommen.

Generell kann man aus diesen Betrachtungen aussagen, dass eine Nachtabsenkung eher zu Mehrverbrauch führt wenn die Raumtemperaturen nur wenig sinken (gut isoliert oder hohe Wärmekapazität des Hauses), jedoch bei Häusern bei denen die Temperatur stark absinkt eine Einsparung bringen kann.

Um die Sache noch etwas komplizierter zu machen, schauen wir uns noch die Kosten an. Die Variante mit dem geringsten Verbrauch muss nicht die günstigste sein. Wird die Wärmepumpe nachts mit Niedertarifstrom betrieben, kann eine Nachtabsenkung teurer sein, auch wenn sie eine Verbrauchseinsparung bedeutet. Es muss dann mehr Hochtarifenergie bezogen werden. Eine Tagabschaltung bei Abwesenheit kann sich so hingegen doppelt auszahlen bzw. wieder lohnend werden. Der geringste Verbrauch muss zudem auch nicht die ökologischste Variante bedeuten. Elektrische Energie lässt sich nur sehr schlecht speichern. Viele thermische Kraftwerke lassen sich nicht oder nur sehr schlecht leistungsmässig regulieren. Diese laufen also mit konstanter Leistung. Daher wird mit Nachtstrom in Pumpspeicherwerken Wasser in hoch gelegene Stauseen gepumpt, der tagsüber bei grossem Bedarf wieder turbiniert wird. Dabei geht einiges an Nutzenergie verloren. Wird also die Energie nachts mit der Wärmepumpe direkt gebraucht und dafür weniger tagsüber, muss weniger hochgepumpt und wieder turbiniert werden. Das spricht ebenfalls gegen Nachtabsenkung.